Wenn Männer Schmerzen beim Sex haben

Veröffentlicht am 15. Mai 2024 und aktualisiert am 25. Juli 2025 von Louise Paitel
Wenn Männer Schmerzen beim Sex haben

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können Männer sehr beunruhigen und sowohl ihr körperliches als auch ihr psychisches Wohlbefinden beeinträchtigen. Dieser Artikel beschreibt die häufigsten Ursachen für diese Art von Schmerzen und nennt praktische Lösungen für ihre Linderung.

Was ist Dyspareunie?

Dyspareunie ist durch schmerzhaften Geschlechtsverkehr gekennzeichnet. Sie führt zu körperlichen und psychischen Beschwerden und erschwert die Fortsetzung des Geschlechtsverkehrs, was zu Missverständnissen innerhalb der Partnerschaft führen kann. Wiederholte Schmerzen im Genitalbereich während des Geschlechtsverkehrs können dazu führen, dass intime Handlungen vermieden, eingeschränkt oder ganz unterlassen werden.

Die weltweite Prävalenz von Dyspareunie bei Männern liegt bei 5 %. Diese Störung kann zu Beginn des Sexuallebens oder nach einer Phase relativ normaler sexueller Funktionsfähigkeit auftreten. Die Symptome können psychologischer (Angst, Stress, Wiedererleben traumatischer Ereignisse usw.) oder organischer (anatomischer, neurologischer, infektiöser oder entzündlicher) Natur sein oder eine Kombination aus beidem darstellen (Delcea, 2019).

Dyspareunie bei Männern ist ein Thema, übeer das Männer nach wie vor ungern sprechen. Dabei gaben In einer Studie mit 4.290 Australiern im Alter von 16 bis 64 Jahren immerhin 5 % der Befragten Schmerzen beim Wasserlassen, 5 % der Befragten Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und 12 % der Befragten andere chronische Beckenschmerzen an (Pitts et al., 2008). Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Männer offen über Schmerzen beim Sex sprechen können und schnell den Weg zu einem Arzt finden, um ein anhaltendes Leiden zu vermeiden.

Häufige Ursachen für Schmerzen beim Sex bei Männern

Keine ausreichende Lubrikation

Eine unzureichende Lubrikation und die daraus resultierende Trockenheit können zu unangenehmen Reibungen beim Geschlechtsverkehr und in einigen Fällen sogar zu Reizungen oder Mikroverletzungen der Haut am Penis führen (Baber & Mears, 2007).

Geschlechtskrankheiten und andere Erkrankungen

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können auch ein Anzeichen für eine sexuell übertragbare Infektion (STI) wie Chlamydien, Gonorrhö, usw. sein, die Entzündungen und Schmerzen beim Samenerguss verursachen kann. Außerdem können Hautkrankheiten (zum Beispiel Lichen sclerosus), eine Balanitis (Entzündung der Eichel), Harnwegsinfektionen, eine Prostata-Entzündung, die Peyronie-Krankheit, eine Phimose (Verengung der Vorhaut) oder ein zu kurzes Vorhautbändchen die Ursache für schmerzhaften Geschlechtsverkehr sein.

Solche organischen Erkrankungen erfordern eine medizinische Behandlung oder in seltenen Fällen einen chirurgischen Eingriff. Am besten vereinbaren Sie einen Termin bei einem Arzt und lassen sich gegebenenfalls auf sexuell übertragbare Krankheiten untersuchen, um Komplikationen zu vermeiden.

Allergien

Auch Allergien gegen Latexkondome oder Bestandteile von bestimmten Gleitmitteln können Juckreiz, Hautreizungen oder ein Brennen verursachen. Wenn Sie eine allergische Reaktion vermuten, verwenden Sie am besten hypoallergene und parfümfreie Produkte.

Physische und physiologische Ursachen

Sexstellungen

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können mit Stellungen zusammenhängen, bei denen der Penis übermäßig belastet wird, insbesondere wenn der Penetrationswinkel nicht optimal ist oder die Bewegungen der Partner schlecht aufeinander abgestimmt sind. In bestimmten Positionen wird viel Druck auf den Penis ausgeübt, was zu Schmerzen während oder nach dem Geschlechtsverkehr führen kann. Außerdem verursachen langsame und kontrollierte Bewegungen weniger Schmerzen als schnelle und kräftige Bewegungen, sowohl für den Mann selbst als auch für Partnerin oder Partner.

Körperliche Traumata und Verletzungen

Zu energische Bewegungen während des Geschlechtsverkehrs können zu verschiedenen Arten von Verletzungen oder Schmerzen führen. Wenn beispielsweise der Penis beim Eindringen gegen das Schambein, das Gesäß oder den Damm der Partnerin stößt, kann dies zu einer Verletzung der Tunica albuginea führen, der dünnen Membran, die die Schwellkörper des Penis umgibt. Der Penis kann dann ein Hämatom aufweisen, das starke Schmerzen verursacht. In diesem Fall muss schnellstmöglich eine Notaufnahme aufgesucht werden.

Abgesehen von dieser (seltenen) Situation können bei unkoordiniertem Geschlechtsverkehr auch andere, weniger schwere Verletzungen auftreten, wie z. B. ein Riss des Frenulums, Zerrungen oder Mikrotraumata des Gewebes. Diese Vorfälle werden oft durch mangelnde Kommunikation oder unkontrollierte Begeisterung begünstigt.

Um solche Vorfälle und Unfälle zu vermeiden, ist es entscheidend, auch beim Sex miteinander zu kommunizieren und und die eigenen Erwartungen mit denen des Partners oder der Parnerin abzustimmen. Alle Beteiligten sollten sich vor, während und nach dem Liebesspiel über die eigenen Wünsche und Grenzen austauschen. Dazu gehört auch ein Gespräch über bevorzugte Stellungen und die Wünsche hinsichtlich von Tempo, Penetrationstiefe und Intensität. Ein solcher offener Dialog und die gemeinsame Festlegung eines Safewords können helfen, Bewegungen zu vermeiden, die unangenehm oder schmerzhaft sein könnten.

Es ist empfehlenswert, beim Sex außerdem auf nonverbale Signale zu achten, da Schmerzen oder Unbehagen nicht unbedingt sofort verbal ausgedrückt werden. Erhöhte Muskelspannung, eine verkrampfte Körperhaltung, ein Zurückziehen oder sonstige Anzeichen von Unwohlsein sind allesamt Signale dafür, sämtliche Handlungen zu unterbrechen oder anzupassen. Absprachen und ein einvernehmliches Vorgehen sind unerlässlich, um solche Vorfälle zu verhindern. Vorsicht ist besser als Nachsicht, zumal bestimmte Traumata zu chronischen Schmerzen führen können, wenn sie nicht schnell behandelt werden.

Psychologische Traumata und Verletzungen

In der zuvor erwähnten australischen Studie gaben Männer, die über Beckenschmerzen klagten, häufiger an, sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben, bei denen sie sich gezwungen oder eingeschüchtert fühlten (Pitts et al., 2008). Geschlechtsverkehr ohne eine respektvolle, klare und unterstützende Kommunikation kann vergangene traumatische Erfahrungen wieder aufleben lassen und dazu beitragen, körperliche Schmerzen zu wecken. Tatsächlich können Angst oder Furcht zu einer unwillkürlichen Verspannung der Muskulatur im Beckenbereich führen (Reflexmechanismus der Beckenbodenmuskulatur unter dem Einfluss von Stress oder Angst), was die Schmerzen verstärkt (Anderson et al., 2009). Dies führt letztendlich zu einem Teufelskreis aus Anspannung und Schmerzen, der wiederum dazu beiträgt, dass Geschlechtsverkehr grundsätzlich vermieden wird.

Aus dieser Studie geht außerdem ein Zusammenhang zwischen diagnostizierten Depressionen und/oder Angstzuständen auf der einen Seite und sämtlichen Formen von Beckenschmerzen auf der anderen Seite hervor (Pitts et al., 2008). Tatsächlich können intermittierende oder chronische Schmerzen auch zu anhaltender Müdigkeit, depressiven Symptomen und erheblichem Stress führen, was wiederum die Lebensqualität und die sexuelle Funktion beeinträchtigt (Ferris et al., 2010). Der Leistungsdruck kann auch dazu führen, dass Männer so gestresst sind, dass sie unter schmerzhaften Bluthochdruck im Beckenbereich leiden.

Medizinische Untersuchung und Behandlung

Verspürt ein Mann während oder nach dem Geschlechtsverkehr Schmerzen, ist es wichtig, dieses Signal des Körpers nicht zu ignorieren und nicht zuzulassen, dass sich die Schmerzen festsetzen und zu einer Quelle von Stress oder chronischem Leiden werden.

Bei einer medizinischen Untersuchung bei einem Arzt (einem Allgemeinmediziner, Urologen, Sexualtherapeuten oder Dermatologen) kann eine genaue Diagnose gestellt und die Ursache der Dyspareunie ermittelt werden. Die anschließende Behandlung hängt dann von der festgestellten Ursache ab. Bei einer Infektionskrankheit werden Antibiotika oder Antimykotika verschrieben. Wenn die Schmerzen mit einer anatomischen Störung wie einem zu kurzen Vorhautbändchen, einer Phimose oder der Peyronie-Krankheit zusammenhängen, kann ein kleiner chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen werden. Dies bietet eine hohe Erfolgsquote in Bezug auf die Schmerzlinderung und eine Verbesserung der sexuellen Lebensqualität (Galosi, Perdonà & Gallo, 2010). Sind die Schmerzen dermatologischen Ursprungs (wie bei Lichen sclerosus) können spezielle Cremes oder gezielte chirurgische Behandlungen helfen.

Ist die Ursache komplett oder teilweise psychologischer Natur (zum Beispiel durch eine Depression, ein vergangenes Trauma oder ein großer Leistungsdruck in Verbindung mit organischen Schmerzen), wird empfohlen, sich an einen Arzt zu wenden, eine Sexualtherapie oder kognitive Verhaltenstherapie zu machen, Entspannungstechniken zu praktizieren oder sogar eine Beckenbodentherapie bei einem spezialisierten Physiotherapeuten zu beginnen. Das Ziel ist es, die Schmerzen zu lindern, neues Selbstvertrauen aufzubauen und ein erfülltes, schmerzfreies Sexleben wiederzufinden.

An dieser Stelle ist es wichtig anzumerken, dass betroffene Männer hinsichtlich ihrer Schmerzen mit Vorurteilen zu kämpfen haben. In einem Artikel (Leeds Beckett University, 2012) erklärt Dr. Tashani dazu, dass „die erworbene Männlichkeit Stoizismus und Schmerztoleranz fördert”. So wirkt das Gewicht männlicher Stereotypen als Hemmnis für den Ausdruck von Schmerzen und den Zugang zu medizinischer Versorgung (Keogh & Boerner, 2020), die jedoch notwendig sind. Ohne einen Kulturwandel und ohne die Mobilisierung der Männer selbst für die männliche Gesundheit besteht die Gefahr, dass das männliche Leiden, insbesondere in sexueller Hinsicht, zu lange unbeachtet bleibt. In diesem Zusammenhang möchten wir diese Gelegenheit nutzen, um Männer zu ermutigen, ihre Gesundheit zum Thema zu machen und sich auch darum zu kümmern.

Fazit

Abschließend kann gesagt werden, dass Betroffene nicht lange zögern sollten, einen Arzt bezüglich ihrer Schmerzen aufzusuchen. Dyspareunie bei Männern ist häufiger als man denkt, und es gibt wirksame Lösungen. Je früher die Behandlung beginnt, desto schneller und nachhaltiger sind die Heilungschancen, insbesondere um zu verhindern, dass die Schmerzen chronisch werden oder damit verbundene psychosexuelle Störungen auftreten (Tripp et al., 2022). Außerdem sind Respekt, ein offenes Ohr und Wachsamkeit in der Partnerschaft die besten Mittel, um sicherzustellen, dass die Lust Lust bleibt und nicht zu Schmerz wird.

Dieser Artikel wurde von Louise PAITEL verfasst, einer Psychologin und Sexualwissenschaftlerin und Forscherin an der Universität Côte d'Azur in Nizza. Sie unterstützt LOVE AND VIBES bei der Redaktion mit ihrem wissenschaftlichen und wohlwollenden Ansatz der Sexualität.

Die Empfehlungen des LOVE Teams:

Die Wahl eines geeigneten Gleitmittels

Bei der Auswahl des Gleitmittels ist es wichtig, auf die Zusammensetzung zu achten. Gleitmittel auf Wasserbasis zum Beispiel sind hautfreundlich, leicht abwaschbar und mit den meisten Kondomen und Sextoys kompatibel. Außerdem färben sie nicht auf Textilien ab, was sie zu einer praktischen Wahl macht. Gleitmittel auf Wasserbasis sind auch für Menschen mit empfindlicher Haut vorteilhaft, da sie in der Regel hypoallergen sind.

Abgesehen davon gibt es auch andere Arten von Gleitmitteln, z. B. auf Silikon- oder Ölbasis, die besonders lang anhaltende Gleiteigenschaften haben. Sie sind jedoch nicht immer mit allen Arten von Sexspielzeug kompatibel, insbesondere nicht mit solchen aus Silikon, und können bestimmte Materialien schädigen.

Schließlich sollten Sie bei der Verwendung von Gleitmitteln darauf achten, dass die aufgetragene Menge ausreicht, um über die gesamte Dauer der Penetration gute Gleiteigenschaften sicherzustellen. Am besten tragen Sie immer dann ein wenig Gleitmittel auf, wenn Sie spüren, dass Reibungen auftreten, was insbesondere bei längerem oder sehr aktivem Geschlechtsverkehr der Fall sein kann.

Die korrekte Nutzung von Sexspielzeug

Sexspielzeug kann Ihr Sexleben verbessern. Die falsche Verwendung von Sexspielzeug kann aber auch Schmerzen verursachen. Für alle, die keine oder nur wenig Erfahrung in der Nutzung von Sexspielzeug haben, empfiehlt sich der Einstieg mit Sextoys, die speziell für Anfänger entwickelt wurden. Diese Sextoys sind oft kleiner und haben ergonomische Formen, die ein sanftes Einführen erleichtern.

Auch die Materialzusammensetzung ist zu beachten. Sexspielzeug aus medizinischem Silikon oder einem anderen weichen Material ist besonders angenehm in der Nutzung. Außerdem ist Silikon nicht nur weich, sondern auch nicht porös. Dadurch lässt es sich leicht reinigen und das Risiko für Reizungen oder Infektionen wird verringert.

Literaturangaben

  • Anderson, R. U., Orenberg, E. K., & Morey, A. (2009). Stress-induced pelvic floor muscle tension in men with dyspareunia and chronic pelvic pain. The Journal of Urology, 182(5), 2319–2324.
  • Baber, R. J., & Mears, A. J. (2007). The role of mucosal lubrication in preventing genital irritation. Sexual Health, 4(3), 175–182.
  • Delcea, C. (2019). Dyspareunia in men. International Journal of Advanced Studies in Sexology, 1(1), 48–52.
  • Ferris, J. A., Pitts, M. K., Richters, J., Shelley, J. M., & Smith, A. M. (2010). National prevalence of urogenital pain and psychological distress in Australian men. BJU International, 105(3), 373–379.
  • Galosi, A. B., Perdonà, S., & Gallo, A. (2010). Effects of frenulectomy for treatment of short frenulum on sexual function. The Journal of Sexual Medicine, 7(3), 1138–1143.
  • Keogh E., & Boerner, K. E. Exploring the relationship between male norm beliefs, pain-related beliefs and behaviours: An online questionnaire study. European Journal of Pain, 24(2):423-434.
    Leeds Beckett University. (2012, April 10). Masculinity increases pain threshold, study reveals [Press release]. Leeds Beckett University.
    Pitts, M., Ferris, J., Smith, A., Shelley, J., & Richters, J. (2008). Prevalence and correlates of three types of pelvic pain in a nationally representative sample of Australian men. The Journal of Sexual Medicine, 5(5), 1223–1229.
    Tripp, D. A., Curtis Nickel, J., Bruenahl, C. A., & Ahyai, S. (2022). Psychological and physical predictors of resolution in male dyspareunia: A systematic review. Journal of Psychosomatic Research, 150, 110672.